Geschichte wird vor allem mit ZeitzeugInnen lebendig: Die Klasse 13 des beruflichen Gymnasiums hatte Anfang Oktober die Gelegenheit, Prof. Liselotte Bieback-Diel kennen zu lernen, die aus ihren Buch „Der Zweite Weltkrieg – Kriegskinder aus vier Nationen erinnern sich“ vortrug, über die Kriegskinderschicksale aus den Partnerstädten von Oberursel berichtete und sich den Fragen der Geschichtsklasse von Lehrer Martin von Kampen stellte. 70 Millionen Menschen starben weltweit während des Zweiten Weltkrieges, davon über 6 Millionen Juden und Jüdinnen. Die Überlebenden mussten mit ihren Traumata weiterleben. Doch dies bleibt alles leeres Faktenwissen, wenn kein emotionaler Zugang zum Thema Krieg gelingt, der die großen Schäden an der Gesellschaft und die verheerenden Folgen für Individuen und Gesellschaft beleuchtet. Nur die Konfrontation mit den Zeugnissen der Opfer, die selbst in diesem Krieg schlimme Dinge erlebt haben und diese Geschichten teilen wollen, lässt das traurige Schicksal jedes Menschenlebens exemplarisch nahbar erscheinen
Nun ist es heutzutage schwierig, noch mit Lebenden aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges zu sprechen.
Doch die Klasse von Herrn van Kampen konnte die hochbetagte Gastsprecherin Professorin Liselotte Bieback-Diel gewinnen, die sich für ihr Buch die Mühe machte, Kontakt mit Personen im Netzwerk der Städtepartnerschaften Oberursels aufzunehmen, die den Krieg als Kind erlebten. Diese „Kriegskinder“ aus Rushmoore (England), Lomonossov (Oranienbaum bis 1948, Russland), Epinay (Frankreich) oder Oberusel erzählten Frau Bieback-Diel ihre Leidensgeschichten. Sie nahm die Gespräche auf, übersetzte sie und schrieb sie nieder. Sie sind für den Geschichtsunterricht und die Geschichtswissenschaft von großer Bedeutung. Denn beim Lesen oder Hören dieser Geschichten kann man in das Erlebte eintauchen.
Frau Bieback-Diel trug ausgewählte Abschnitte vor, die von SchülerInnen mit großer Neugierde gehört wurden. Die gezeigten Fotografien der Personen, die ihre Geschichten weitergaben, gab den Opfern ein Gesicht. Weil sie auch selbst den Krieg als Kind miterlebte, hatte Frau Bieback-Diel ihre autobiographischen Erlebnisse mit uns geteilt. Die Kursteilnehmenden stellten Fragen und eventuell wurde das Leiden, das dieser Krieg hervorbrachte, greifbarer dargestellt. Sei es der Verlust des eigenen Vaters, eines Babys oder anderer Familienmitglieder. Noch Kinder, mussten sie Schreckliches erleben.Beispielsweise wurde eine dreizehnjährige Russin mit ihrer Familie nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert. In der Kriegsindustrie musste sie Feldflaschen für Soldaten herstellen – unter gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen. An eine normale Schulzeit war nicht zu denken.
Dieser krasse Kontrast zu ihrem eigenen Leben ist den KursteilnehmerInnen sofort deutlich geworden. Wir danken Prof. Bieback-Diel für ihren Besuch sehr herzlich und hoffen, sie bald wieder an unserer Schule zu begrüßen zu dürfen.
Text/Bild: Martin van Kampen